DIE RAVENDEN SURREALISTEN

Während sich in Berlin langsam ein deutscher Modekader formiert, liefen in Paris zeitgleich die Männerschauen. Mit dabei: die deutsche Designerin Stephanie Hahn und ihr Label 22/4_Hommes


Text: Leonie Volk


Wir von Achtung Mode sind bekanntlich Fans von Stephanie Hahn und ihrem Label 22/4. Von ihrer letzten Herrenkollektion waren wir so angetan, dass es Victoria-Schauspieler Franz Rogowski in einer Bundfaltenhose mit Karomuster der Düsseldorfer Marke auf unser Cover schaffte. Selbstverständlich wollten wir den Weg der Modedesignerin weiterverfolgen und statteten ihr im Rahmen ihrer Männerschau im Palais de Tokyo einen Besuch ab.

Auf den Instinkt vertrauen

Stephanie Hahn designt Mode für Männer und Frauen. Mit dem Wort Unisex kann Hahn nichts anfangen, obwohl sich die Entwürfe ihrer Damen-und Herrenkollektion stark ähneln. Sie respektiert die physischen Unterschiede des weiblichen und männlichen Körpers. Dennoch gibt sie zu, dass beide Linien den gleichen Ursprung haben. Sie reizt, wenn „da ein Gefühl des gemeinsamen Konsens“ aufkommt.

Aktuell konzentriert sich Hahn auf die Herrenkollektion. Eine 22/4_Femmes-Präsentation veranstaltet sie nur, wenn das Gefühl stimmt: „Ich lasse mir da gern die Freiheiten unkontrollierbar zu sein. Ich möchte auf jeden Fall niemals nur Mode produzieren, um einen Massenmarkt zu bedienen, der einfach unterhalten werden will. Das interessiert mich nicht.“

Wenn Surrealismus auf Rave-Kultur trifft

Für den kommenden Herbst waren zwei Inspirationsquellen für den Designprozess von Hahn entscheidend: Der legendäre Nachtclub Hacienda aus Manchester und Edward James, einer der ersten Mäzen des Surrealismus, haben die Düsseldorferin bewegt. Zwei Richtungen, die sich beim ersten Hören abstoßen, hat Fräulein Hahn sinnvoll zusammengefügt. Beide, Surrealismus als Kunstform und die elektronische Musik des Hacienda, prägten Hahn: „Die Intensivität des Musikerlebens und das Ausleben der Passion von Edward James haben mich fasziniert.“

Aus dem ungewöhnlichen Mix entstanden taillierte Trainingsanzüge mit Plastikreisverschlüssen in Schlüsselbundform und Längsstreifen am Hosenbein. Hahn verleiht der Raver-Uniform ihren Stempel, in dem Jogginghosen und Jacken perfekt sitzen und mehr nach Schneiderkunst als Sportklamotte aussehen. Der Keller des Palais de Tokyo schafft das perfekte Setting mit düsterer Club-Atmosphäre.

Die Karomuster und Blumen-Jacquard sind wiederum eine Hommage an Edward James und seinen Skulpturengarten „Las Pozas“ in Mexiko. Sie bringen ein elegantes Element in die Kollektion. Stiefmütterchen aus Samt hat Hahn als Ansteckblume an Jacken und Shirts geheftet. Gesteppte überlange Westen und Bomberjacken machen die Kollektion rund. Farblich dominieren Grüntöne. Schwarz, Rot, Karamell, Graubraun, sowie ein Stahlblau mischen sich unter.

Das „Made in Germany “ -Siegel

Der asiatische Raum ist besonders von Stephanie Hahns Designs angetan: Kunden aus Japan, Korea und Thailand spülen der Düsseldorferin das Geld in die Kasse. Das „Made in Germany“-Siegel ist dabei nicht unerheblich: „Ich denke, zum einen gefällt den asiatischen Kunden ganz oft dieses handwerklich Traditionelle. Auf Qualität, Made in Germany legen sie auch wert.“ Hahn lässt ausschließlich in Deutschland herstellen. Sie ist bestens über die Produktion informiert, begutachtet alles sorgfältig, kennt die Firmen, die ihre Mode fertigen. In Europa konzentriert sich der Verkauf weniger auf Länder als auf vereinzelte Städte.

Dieser Artikel ist auf Achtung Digital im Februar 2016 erschienen.



using allyou.net